Eine einseitige politische Absichtserklärung darf Gesetze nicht verhindern

10. Dezember 2020

Der Europäische Rat hat im Verlauf des heutigen (10.12.2020) Ratsgipfels eine Einigung über den Rechtsstaatsmechanismus getroffen. Die Staats- und Regierungschefs unterstützen damit die politischen Vereinbarungen, die das Europaparlament und der Rat im vergangenen Monat zum Mehrjährigen Finanzrahmen, zu den EU-Eigenmitteln, zum NextGeneration EU und zur Rechtsstaatlichkeit erzielt hatten.

Von Parlamentsseite wird begrüßt, dass alle genannten politischen Vereinbarungen, wie im November verabschiedet, unverändert fortbestehen. Die klare grüne Ausrichtung im neuen EU-Mehrjahreshaushalt und im Wiederaufbaupaket wird im Sinne des Green Deals beibehalten.

Vorab hatten Ungarn und Polen ihre Zustimmung für das 1,8 Billionen schwere Finanzpaket aus dem EU-Haushaltsrahmen  (2021-2027) und den Corona-Hilfsfond verweigert. Grund dafür war der erstmals in den Mehrjährigen Finanzrahmen eingebundene Rechtsstaatsmechanismus, der Kürzungen der Gelder aus Brüssel im Falle von Verstößen gegen rechtsstaatliche Grundsätze vorsieht.

Der Kompromissvorschlag, den die deutsche Ratspräsidentschaft den zwei Blockadestaaten in diesen Tagen unterbreitete, ermöglichte heute die Einigung im Rat. Im Rahmen der Kompromisssuche wurde dem Mechanismus eine Erklärung zur Rechtsstaatlichkeit beigefügt. Die zusätzlichen Erklärungen geben den Veto-Staaten vor allem Zeit. Sollten Zweifel über die rechtsstaatliche Integrität eines EU-Mitgliedstaats vorliegen, kann der betreffende Staat ein Verfahren über den Europäischen Gerichtshof anstrengen. Während der Bearbeitung des Verfahrens kann die EU-Kommission den Rechtsstaatsmechanismus nicht anwenden.

Die Fraktionsvorsitzenden der demokratischen Fraktionen im Parlament fordern die Kommission in einer Deklaration dazu auf, in vollständiger Unabhängigkeit ihr Initiativrecht im Rahmen der Gesetzgebung ernst zu nehmen und erinnern die Kommission an die Tatsache, dass die Ratsbeschlüsse keine gesetzgebende Wirkung haben.

Im Parlament herrscht große Sorge darüber, dass der Europäische Rat, in Bezug auf den Rechtsstaatlichkeitsmechanismus, durch eine nicht rechtsverbindliche Erklärung einen Rückzieher macht.

Die Grüne Fraktion hat die Initiative für eine parlamentarische Resolution ergriffen, in der das Parlament seine Sorgen verdeutlicht und  starke Antworten und Angebote bezüglich der Gesetzgebung von Seiten der Kommission fordert. Die Abgeordneten machen deutlich, dass der Rechtsstaatsmechanismus unter keinen Umständen in letzter Sekunde aufgeweicht werden darf.

Eine einseitige politische Absichtserklärung darf Gesetze nicht verhindern.

Zu der vereinbarten Ratserklärung zum Rechtsstaatsmechanismus und Haushaltskompromiss erklärt der haushaltspolitische Sprecher der Grünen/EFA Fraktion Rasmus Andresen:

„Die Erklärung der Mitgliedsstaaten ist kein Glanzstück. Entscheidend ist, dass der Gesetzestext zum Rechtsstaatsmechanismus unverändert bleibt. Dank des Drucks des Europäischen Parlaments bleibt der Gesetzestext unverändert.

Viktor Orban ist gescheitert.

Die politische Erklärung der Staats- und Regierungschef*innen hat für das Europäische Parlament keine Bedeutung. Es bleibt eine unverbindliche politische Erklärung. Eine einseitige politische Absichtserklärung darf und kann Gesetze nicht verhindern.

Entscheidend wird sein, dass Kommissionspräsidentin von der Leyen standhaft bleibt und sich nicht von faulen und unverbindlichen Erklärungen der  Mitgliedsstaaten leiten lässt.

Wir werden im Parlament diese Erklärung juristisch vor der Abstimmung des Haushaltspakets in der kommenden Woche genau prüfen und politisch mit einer gemeinsamen Erklärung der pro-europäischen Fraktionen reagieren.

Wir erwarten, dass die deutsche Ratspräsidentschaft und die EU Kommission in den Ausschüssen uns Abgeordneten Rede und Antwort stehen.”

 

Der Fahrplan in den kommenden Tagen:

Freitag Morgen:

Abstimmung der Botschafter zu Rechtsstaatsmechanismus und Haushaltspaket.

Danach Weiterleitung der Unterlagen an das Europäische Parlament

Montag Abend Sitzung des Haushaltsausschusses zum Rechtsstaatsmechanismus und Haushaltspaket

Dienstag: Sitzung des Haushaltsausschusses zum Budget 2021

Mittwoch:

Plenardebatte zum Haushaltspaket, Rechtsstaatsmechanismus und einer Resolution zum Rechtsstaatsmechanismus

Abstimmung der unterschiedlichen Elemente