Hintergrund: Energiepreise brauchen einen staatlichen Rahmen

2. September 2022

Preisbremse, verbindliche Gas-Einsparziele und verpflichtender gemeinsamer europäischer Einkauf

Es ist gut, dass der Gaspreisdeckel auf EU-Ebene nun ernsthaft in Erwägung gezogen wird. Nun muss es konkret werden. Der Sprecher der deutschen Grünen im Europäischen Parlament und Mitglied im Wirtschafts- und Währungsausschuss, Rasmus Andresen, fordert deswegen die EU-Kommission und die Mitgliedstaaten dazu auf, kurzfristig einen europäischen Gaspreisdeckel von max. 100 Euro/MWh zu beschließen. Mit Preisen von aktuell um die 300 Euro/MWh würde ein Preisdeckel von 100 Euro/MWh einen Unterschied machen. Wünschenswert wäre allerdings ein Preis, der noch deutlich unter diesem Betrag läge.

“Die Gaspreise explodieren. Ohne staatliche Eingriffe sind wir den Entwicklungen am Markt schutzlos ausgeliefert. Große Teile Europas könnten in die Energiearmut abrutschen. Die Europäische Union muss erkennen, dass sie ihre wirtschaftliche Macht effektiv nutzen muss, um die Gaspreise für alle zu begrenzen. Ein europäischer Gaspreisdeckel von maximal 100 Euro könnte Armut und eine tiefe Krise verhindern.”

Andresen schlägt als Ergänzung zur Preisbremse vor, dass die vereinbarten freiwilligen Energieeinsparziele um 15% verbindlich werden:

“Um keine falschen Anreize zum Gasverbrauch zu setzen, sollte die Gaseinkaufmenge auf 85% begrenzt werden und der Rest durch mindestens 15% Einsparung erzielt werden. Dies könnte ein guter Kompromiss sein, um Energiearmut zu bekämpfen, die Gewinne der fossilen Unternehmen zu begrenzen und den Gasverbrauch zu senken.”

Ein weiteres Element zur Senkung der Einkaufspreise ist der gemeinsame Ankauf von Gas durch die Mitgliedstaaten.

“Ich bedauere, dass die Mitgliedstaaten kaum von der gemeinsamen Einkaufsplattform Gebrauch machen und sich nicht ausreichend beim Ankauf von Gas strategisch zusammenschließen. Die Möglichkeit besteht. Die EU-Kommission hat schon vor Monaten die entsprechende Plattform zur Verfügung gestellt. Da das auf freiwilliger Basis offenbar nicht klappt, sollten die Mitgliedstaaten sich dazu verpflichten, dieses Instrument zu nutzen. Sich gegenseitig das Gas wegzukaufen macht keinen Sinn und treibt die Preise unnötig in die Höhe.”  

Hintergrundinformation:

Die Pläne zum Gaspreisdeckel sind angelehnt an die Pläne des Berliner Energieökonomen Prof. Neuhoff.

Aufgrund der teilweise kurzfristigen Laufzeit der Verträge an den Energiemärkten und der besonderen Lage könnte eine Preisbremse schneller wirken als die notwendigen grundlegenden Reformen für den Strommarkt.

Obergrenzen könnten für die Preise an verschiedenen Stellen der Versorgungskette gelten.

Eine Obergrenze für die Verbraucherpreise kann prinzipiell für verschiedene Verbraucherkategorien differenziert werden, so dass eine Entlastung der Schwächsten von der Beibehaltung von Anreizen zur Reduzierung des Verbrauchs für wohlhabende Privatpersonen und Unternehmen getrennt werden könnte. Dann wäre eine Bremse für den von Versorgungsunternehmen gezahlten Preis denkbar, wie es in Spanien und Portugal gemacht wird. Eine dritte Möglichkeit wäre es, den Preis zu deckeln, der den Gasproduzenten gezahlt wird. Im Rat wurde darüber diskutiert, den Großhandelspreis, der an Russland oder sogar an alle Gaslieferanten gezahlt wird, zu begrenzen, in der Hoffnung, dass sie es sich nicht leisten können, die Lieferungen an die EU ganz einzustellen.