Europarede bei den Grünen Wandsbek

26. Oktober 2018

liebe Freund*innen,
sehr geehrte Damen und Herren,
Vielen Dank für die Einladung und dafür, dass ich als Schleswig-Holsteiner Heute hier reden darf.
Mein Name ist Rasmus Andresen. Ich bin Landtagsabgeordneter in Schleswig-Holstein, im Grenzland aufgewachsen und bewerbe mich als Grüner Europakandidat.
Ich freue mich, dass wir Heute gemeinsam über die Lage in Europa sprechen.
Ein halbes Jahr vor den Europawahlen stehen wir enormen Herausforderungen.
Der Brexit, der Umgang mit Polen und Ungarn oder aber auch die Verhandlungen um das EU Budget.
Es ist nicht übertrieben wenn wir feststellen, dass es bei den Europawahlen Ende Mai 2019 um verdammt viel geht.
Europa verändern oder Europa abwickeln.
Unser Klima aktiv schützen oder mit Kohle und Atom in die Vergangenheit reiten.
Armut bekämpfen oder eine weitere Spaltung der Gesellschaft hinnehmen.
Eine selbstbestimmte europäische Digitalpolitik oder eine Dominanz von Google, Facebook und co.
Ich komme aus der dänischen Minderheit in Flensburg und habe viele Jahre in Dänemark gelebt.
An unserer Grenze werden seit 2 Jahren Pässe wieder kontrolliert.
Ab Frühjahr 2019 wird unsere Grenze durch einen 60 KM langen und 1,5 Meter hohen Wildschweinzaun getrennt.
Die dänische Regierung will damit verhindern, dass die afrikanische Schweinepest nach Dänemark kommt.
Der Wildschweinzaun ist nicht nur inhaltlich unsinnig, sondern auch ein Symbol für eine völlig verfehlte Abschottungspolitik.
Was wir brauchen ist mehr europäische Zusammenarbeit statt nationale Abschottung.
Ich glaube fest daran, dass wir, die mehr Europa wollen, mehr sind.
Aber wir sollten sichtbarer werden.
Wir sind mehr, die auf europäische Zusammenarbeit setzen und gemeinsam unsere Zukunft gestalten wollen.
80% der Deutschen wollen mehr Europa.
In anderen EU Mitgliedsstaaten ist die Zustimmung ähnlich hoch.
Gerade bei jungen Menschen.
Es wird wichtig sein diese Menschen zu begeistern und echte europäische Debatten zu führen.
Nicht einfach nur innerhalb Deutschlands untereinander.
Das tun wir viel zu wenig.
Über die Haushaltspolitik Italiens reden wir aus einer sehr deutschen Perspektive.
In der Asyl- oder Klimapolitik sieht es ähnlich aus.
Lassen Sie uns wirklich europäisch diskutieren und hinhören welche Perspektiven Menschen in anderen Staaten auf unsere gemeinsamen Herausforderungen haben.
Menschen wie die 15 jährige Schwedin Greta Tunbjerg, die im schwedischen Wahlkampf beschlossen hat in den Schulstreik zu treten, weil zu wenig für Klimaschutz getan wird.
Menschen wie die Grüne Bürgermeisterin der dänischen Nordseeinsel Fanø, Sofie Valbjørn, die für unseren gemeinsamen Nationalpark Wattenmeer in der Nordsee und für mehr Meeresschutz auch gegen ihre eigene Regierung kämpft.
Und junge Menschen in Italien und Griechenland, die unter den Fehlern ihrer Regierungen und der verfehlten ökonomischen Politik in der EU leiden und kaum Perspektiven haben.
Wir Grüne wollen mit allen Menschen in den Dialog kommen und machen keine Europapolitik die den Rechtspopulisten hinterher hechelt.
Wir Norddeutsche wissen worum es gerade geht.
Durch unsere gemeinsame norddeutsche Geschichte wissen wir, wie gewinnbringend europäische Kooperation für uns alle sein kann.
Mit der Nord- und Ostsee vor der Haustür ist uns bewusst, dass die Nationalstaaten allein den Klimawandel nicht stoppen können.
Durch die Aufnahme von vielen Geflüchteten haben wir gerade in Norddeutschland große Solidarität für Menschen in Not gezeigt,
Wir müssen Europa gegen die Nationalist*innen verteidigen.
Wir dürfen dabei aber nicht stehen bleiben.
Europa muss sich verändern.
Unsere Nord- und Ostsee sind durch Nährstoffe extrem belastet und die Vermüllung nimmt zu.
Deutschland gehört neben Russland zu den Ländern, die in den letzten Jahren am Wenigsten für Meeresschutz getan haben.
Meeresschutz ist Klimaschutz.
Statt russische Pipelines durch die Ostsee brauchen wir konkreten Meeresschutz.
Wenn die Bundesregierung Meeresschutz ignoriert brauchen wir konkrete Maßnahmen aus Brüssel.
Unsere Meere können nicht darauf warten bis Merkel, Nahles und Seehofer verstanden haben um was es geht.
Über 120 Mio. Menschen leben in Armut.
Ganz unabhängig davon, ob Menschen in Neapel, Kiel Gaarden oder Wilhelmsburg leben.
Wir werden Europa nur zusammenhalten, wenn wir uns auch mit der sozialen Lage in den Mitgliedsstaaten aktiv auseinandersetzen.
Staaten sollten nicht einzig und allein nach Wirtschaftswachstum und Verschuldungsquoten bewertet werden.
Das gilt auch für Italien.
Italien muss sich an die Gesetze und Vereinbarungen zur Haushaltspolitik halten.
Es ist schwer erträglich, wie Salvini und Co durch ihre Provokationen die Europäische Union spalten wollen.
Sie nutzen dafür die ökonomische Politik und suchen den Schuldigen für Italiens Lage in Brüssel und Berlin.
Das ist zu einfach und dürfen wir nicht zulassen.
Trotzdem gehört zur Wahrheit auch, dass die ökonomischen Kriterien an denen Staaten gemessen werden nicht funktionieren.
Die EU muss Staaten auch nach sozialen und ökologischen Kriterien bewerten.
Ein einseitiger Fokus auf Verschuldungsquoten und Wirtschaftswachstum ist nicht nachhaltig.
In Italien sind viele Probleme hausgemacht.
Italien wird aber nur zukunftsfähig werden, wenn alle Italiener*innen eine Perspektive bekommen.
Dazu kann die EU einen Beitrag leisten.
Einseitige Sparpakete gehen zu Lasten der Schwächsten und sind Wasser auf den Mühlen der EU Feinde wie Salvini und Co.
Kürzungen der sozialen Infrastruktur sind eine direkte Folge der einseitigen Sparpolitik.
Wir können es in Griechenland beobachten:
Nach wie vor fast 40% Jugendarbeitslosigkeit, eine höhere Schuldenquote (von 127% 2010 auf 180% 2018)), 1/3 der Bevölkerung ist nicht Krankenversichert.
Die Fehler die mit Griechenland gemacht wurden, dürfen sich nicht wiederholen.
Europa muss ein Ort werden der sozialen Zusammenhalt ermöglicht.
Länder wie Italien müssen sich dringend reformieren. Dazu gehört auch eine gerechte Besteuerung von Unternehmen und Vermögenden sowie Investitionen in Klimaschutz und Bildung.
Ich sage diese Sätze ganz bewusst auch als Haushaltspolitiker, der weiß dass man Gesellschaft nicht dadurch zusammenhält einzig und allein durch Schuldenabbau zusammenhalten kann.
Es geht aber grundsätzlich um unsere offene Demokratie.
Neben vielen anderen Aspekten spielt die Digitalisierung dafür eine große Rolle.
Als Digitalpolitiker weiß ich, dass Europa der einzige demokratische Rahmen ist, der überhaupt in der Lage ist Silicon Valley Konzernen die Zähne zu zeigen und europäische StartUps faire Chancen zu geben.
Wir brauchen eine selbstbestimmte europäische Digitalpolitik.
Facebook, Google und co dürfen uns nicht ihre Geschäftsmodelle diktieren.
Wir brauchen klare Regeln für Datenschutz und einen fairen Wettbewerb.
Umso skandalöser ist es, dass die deutsche Bundesregierung mit Bundesfinanzminister Olaf Scholz eine gemeinsame europäische Digitalsteuer blockiert.
Digitalkonzerne müssen ihren Teil zum Allgemeinwohl beitragen.
Wir brauchen eine europäische Digitalsteuer.
Digitalunternehmen zahlen im Durchschnitt nur knapp 9% Steuern in der EU, alle anderen Unternehmen fast 20%.
Steuergerechtigkeit sollte auch in Deutschland ein größeres Thema sein.
Die Bundesregierung sollte ihre Blockadehaltung aufgeben.
Aber es geht ausschließlich um Steuergerechtigkeit.
Wir brauchen klare Regeln damit Verbraucher*innen selbst entscheiden können, ob ihr Surfverhalten überwacht und ihre Daten von Digitalkonzernen verwendet werden dürfen.
Wir brauchen Bestimmungen über die Frage wie marktmächtig Facebook, Amazon und Co sein dürfen.
Facebook hat einen Marktanteil bei Social Media in Europa von 65%.
Google bei Suchmaschinen weltweit 86%.
Amazone Marktanteil ist beim Onlinehandel allein in Deutschland 64%.
Apple und Amazon haben jeweils ein Börsenwert von über 1 Bio. Dollar.
Mehr als alle Firmen jemals zuvor.
Digitalkonzerne sind zu marktmächtig geworden.
Deshalb brauchen wir starke gemeinsame Regeln.
Vom Kartellrecht über Datenschutz bis zur Digitalsteuer.
Wir müssen definieren bei der Künstlichen Intelligenz definieren wo wir hin wollen.
Aber es geht nicht nur um Regulierung, sondern auch darum Rahmenbedingungen für Forschung und StartUps bei uns zu verbessern.
Digitalisierung muss europäisch gestaltet werden.
Die EU kann der demokratische Rahmen sein, der international auch über die Datenschutzgrundverordnung hinaus Standards setzt.
Ich glaube fest daran.
Zumindest wenn wir dafür Mehrheiten im europäischen Parlament erzielen.
In Hamburg sind im kommenden Jahr neben den Europawahlen wichtige Kommunalwahlen,
Ich finde, dass beide Wahlen sehr gut zusammen passen.
Deshalb hat es mich auch gefreut als Europapolitiker, der selbst direkt gewählter Ratsherr ist, beim Empfang einer Kommunalfraktion zu sprechen.
Europa muss den Rahmen wir eine nachhaltige Politik liefern. In den Kommunen geht es um die konkrete Ausgestaltung.
Lassen Sie uns diese Wahlen zusammen denken.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.