03. Mai 2021

Anfrage an EU-Kommission: Die Europäische Bürgerinitiative als ein Instrument zur Beteiligung der Bürger am Beschlussfassungsprozess der EU

Parlamentarische Aktivitäten

Anfrage:

Die Europäische Bürgerinitiative ist ein bedeutender Bestandteil der demokratischen Struktur der Europäischen Union. Sie ermöglicht den Bürgern die Teilhabe am politischen Leben, indem sie ihnen die Möglichkeit gibt, die europäischen Organe aufzufordern, in Politikbereichen, für die die EU zuständig ist, Maßnahmen zu ergreifen, die sie für wichtig halten.

Dieses Instrument wurde vor zehn Jahren ins EU-Recht eingeführt, doch von 76 registrierten Initiativen haben nur 6 die letzte Phase erreicht, in der sie von der Kommission geprüft und beantwortet werden. Es sei darauf hingewiesen, dass sich die Kommission nur in einem Bruchteil der Fälle verpflichtet hat, Rechtsvorschriften vorzuschlagen, wie es im Rahmen dieser Initiativen gefordert wurde.

  1. Teilt die Kommission die Auffassung, dass die Weigerung, den Forderungen, die die Bürger in Europäischen Bürgerinitiativen formuliert haben, nachzukommen, das partizipative Entscheidungsmodell und den demokratischen Geist der Union untergräbt?
  2. Wie sieht die Kommission die Zukunft der Europäischen Bürgerinitiative sowie anderer Instrumente zur direkten Beteiligung der Bürger am Beschlussfassungsprozess der EU, insbesondere im Zusammenhang mit der bevorstehenden Konferenz zur Zukunft Europas?

Antwort von Vizepräsidentin Véra Jourová

im Namen der Europäischen Kommission

(3.5.2021)

Dass sich die Bürger am Beschlussfassungsprozess beteiligen, ist für die Kommission sehr wichtig, und sie hat viel in die Entwicklung der Europäischen Bürgerinitiative (EBI) wie auch generell partizipatorischer Instrumente für die Bürgerinnen und Bürger investiert.

Welche Wirkung eine Europäische Bürgerinitiative entfaltet, ist nicht nur an etwaigen gesetzgeberischen Folgemaßnahmen zu bemessen. Während eine Reihe erfolgreicher europäischer Bürgerinitiativen in einer Überarbeitung bestehenden oder Erarbeitung neuen EU-Rechts mündeten, haben andere Bürgerinitiativen in außerlegislativen Bereichen Sinnvolles bewirkt[1]. Ein wichtiger Mehrwert dieses Instruments besteht zudem darin, dass es ermöglicht, europaweite Debatten anzustoßen, engagierte Bürger zusammenzubringen und die Entscheidungsfindung zu beschleunigen.

Auch über das Portal „Ihre Meinung zählt“[2] können die Bürgerinnen und Bürger sich in Bürgerdialoge und öffentliche Konsultationen einbringen und zu geplanten Folgenabschätzungen, Kommissionsvorschlägen und anderen Rechtsaktentwürfen Stellung nehmen.

Die Kommission ist der Auffassung, dass  die seit dem 1. Januar 2020 geltenden vereinfachten Vorschriften für die EBI[3] und die Öffentlichkeitsarbeit zur Verbesserung ihrer Sichtbarkeit bewirken werden, dass mehr Initiativen es tatsächlich bis ins Endstadium schaffen.

Mit der Konferenz zur Zukunft Europas soll den Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit gegeben werden, sich stärker einzubringen, indem sie sich an gesamteuropäischen Debatten beteiligen und Veranstaltungen zu den sie berührenden Themen organisieren, sodass sie die Politik der Union aktiv mitgestalten können. Dieses Leitprinzip einer von der Basis ausgehenden Bewegung liegt auch der Europäischen Bürgerinitiative zugrunde.

[1] Beispiele: https://europa.eu/citizens-initiative/stop-vivisection_de oder https://europa.eu/citizens-initiative/ban-glyphosate-and-protect-people-and-environment-toxic-pesticides_de

[2] https://ec.europa.eu/info/law/better-regulation/have-your-say

[3] Verordnung (EU) 2019/788 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 über die Europäische Bürgerinitiative, ABl. L 130 vom 17.5.2019, S. 55.