23. März 2023

Finaler Trilog zu Fuel EU Maritime des Fit for 55 Paketes: “Mehr wäre möglich gewesen”

Pressemitteilung

Kurzbericht nach Beendigung des finalen Trilogs zu FuelEU Maritime

Nacht vom 22.03.2023 auf den 23.03.2023

 

Endzeitpunkt: 04.30 Uhr

 

Kommentar:

“Mehr wäre möglich gewesen

 

Rasmus Andresen (Greens/EFA), Berichterstatter für den beratenden Industrieausschuss und Beteiligter an den Trilogverhandlungen kommentiert:

 

„Wir Grüne betrachten das Verhandlungsergebnis mit gemischten Gefühlen. Es ist gut, dass sich das EU-Parlament und die Mitgliedsstaaten auf Klimaziele für die Schifffahrt verständigt haben. Das Europäische Gesetz gibt der Industrie zusätzlich zur Aufnahme der Schifffahrt in den Europäischen Emissionshandel Klarheit bei der Erreichung der Klimaziele.

 

Leider verfehlt das Gesetz aber die Erreichung der Pariser Klimaziele. Mehr wäre möglich gewesen. Durch sehr weitreichende Ausnahmen, beispielsweise für den Inselverkehr und kleinere Schiffe, sind die vereinbarten Schlupflöcher zu groß.

 

Dem Parlament ist es in den Endverhandlungen immerhin gelungen, die Klimaziele anzuheben und Anreize für den Ausbau von Erneuerbaren Kraftstoffen in den Gesetzestext zu verhandeln. Das Gesetz kann nur ein Einstieg für die emissionsfreie Schifffahrt sein. Wir Grüne werden uns für Nachbesserungen in den kommenden Jahren einsetzen.“

 

Einigung zu den zentralen Punkten:

 

Emmissionsreduktionsziele (Artikel 4):

 

Das Gesetz schreibt verbindliche Emmissionsreduktionsziele für den Schifffahrtssektor in den kommenden Jahrzehnten vor.

 

Jahr Kommissionsvorschlag EP Mandat Rat Mandat Finale Trilogeinigung
Von Januar 2025 -2% -2% -2% -2%
Von Januar 2030 -6% -6% -6% -6%
Von Januar 20235 -13% -20% -13% -14,5%
Von Januar 2040 -26% -38% -26% -31%
Von Januar 2045 -59% -64% -59% -62%
Von Januar 2050 -75% -80% -75% -80%

 

Volle Klimaneutralität im Einklang mit den Pariser Klimazielen wird sowohl in der Parlamentsposition, sowie im finalen Trilogergebnis weit verfehlt. Auch in den ersten Jahren haben sich sehr moderate Ziele durchgesetzt. Dennoch ist die Anhebung der Ambition grundsätzlich sehr begrüßenswert.

 

Landstromverpflichtung (Artikel 5):

 

Das Gesetz beinhaltet zum ersten Mal eine Verpflichtung für Schiffe (im Anwendungsbereich der Richtlinie – sprich Schiffe mit einer Bruttoraumzahl (GT) von über 5000) Landstrom für ihren Energieverbrauch im Hafen zu verwenden.

Während der Kommissionsvorschlagursprünglich vorsah, dass grundsätzlich im Hafenbereich -in allen europäischen Häfen- emissionsfreie Technologien, inklusive Landstrom, zu nutzen sind. Sowohl das Parlament, als auch der Rat haben diese Verpflichtung erheblich aufgeweicht und auf zentrale Industriehäfen (TEN-T Häfen) beschränkt und mit einem engen Fokus auf Landstrom weitere Anreize für die Nutzung von weiteren emissionsfreien Technologien im Hafenbereich ausgehebelt.

 

In den Trilogverhandlungen konnte diesbezüglich Schadensbegrenzung betrieben werden, insofern den Mitgliedstaaten die Möglichkeit eingeräumt wird über die reduzierte Ambition der Landstromverpflichtung hinauszugehen.

 

Eine Vielzahl an Ausnahmen:

 

Sowohl das Parlament, als auch die Mitgliedsstaaten sind mit einer Vielzahl an Ausnahmen für verschiedene Routen und Schiffstypen in die Verhandlungen gegangen. Bedauerlicherweise ist der gefundene Kompromiss eine zusammenaddierte lange Liste an Schlupflöchern und Ausnahmeregelungen, die zusammengenommen die Gesamtambition des Gesetzesvorschlag untergraben.

 

Ausnahmen von den Emissionsreduktionszielen gelten unter anderem für

  • Versorgungsrouten von und zu Inseln von bis zu 200.000 Einwohner*innen
  • versorgungsrouten von Regionen in äußerster Randlage
  • designierte Public Service Operations (PSOs)
  • Schiffe der Bauart ICE-Klasse und Schiffe, die in Eisbedingungen navigieren (keine komplette Ausnahme, aber eine positive/ausgleichende Behandlung)

 

Sonderbehandlung von Erneuerbaren Kraftstoffen nicht-biologischen Ursprungs (RFNBOs):

 

Während der Gesetzesvorschlag grundsätzlich auf technologieoffene Art und Weise den Schiffen ermöglicht ihre Emissionen mit verschiedenen Technologien und alternativen Kraftstoffen zu reduzieren, herrschte in weiten Teilen des Parlaments und des Rates Konsens, dass erneuerbaren Kraftstoffe nicht-biologischen Ursprungs eine gesonderte Rolle bei der Dekarbonisierung des Schifffahrtssektors zukommen sollte.

 

Im Gegensatz zu Bio-Kraftstoffen und fossilen Kraftstoffen wie Flüssiggas, stellen RFNBOs die einzige skalierbare und wirklich CO2-Neutrale Kraftstofflösung für den Schifffahrtssektor dar. Um die Attraktivität dieser Kraftstoffe in ihrer teuren Anfangsphase zu steigern, soll zum einen mit einem Multiplikatoren die preisliche Attraktivität gesteigert werden und mit einer verbindlichen Unterquote für RFNBOs Planungssicherheit für den Sektor geschaffen werden. Die Unterquote soll lediglich greifen, sofern sich in Marktanalysen in den kommenden Jahren ein zu geringen Marktanteil für RFNBOs abzeichnet.

Dies ist eine maßgebliche Verbesserung der Regulierung gegenüber dem ursprünglichen Kommissionsvorschlag, da die Rolle von RFNBOs gegenüber klimaschädlicheren Alternativen entschieden gestärkt wird.

 

Die Parlamentsposition hatte ursprünglich vorgesehen diese Unterquote nur für größere Unternehmen von 3 oder mehr Schiffen verpflichtend zu machen. Bei der durchschnittlichen Unternehmensgröße hätte diese Regelung einen Großteil der europäischen Flotte ausgeklammert. Diese Regelung wurde in den Verhandlungen gestrichen, sodass die Unterquote nun für die gesamte Flotte gilt und entsprechend die Ambition der Unterquote entschieden gestärkt wurde.

 

Strafzahlungen:

 

Im Gegensatz zum Kommissionsvorschlag und der Parlamentsposition sollen Strafzahlungen, die im Falle von Verstößen gegen die Gesetzesvorgaben fällig werden, nicht in einen EU-Topf (Innovation Fund) fließen, sondern über die Mitgliedsstaaten zurück an den Schifffahrtssektor kanalisiert werden. Darüber müssen die Mitgliedsstaaten transparent Rechenschaft ablegen.