Grenzkontrollen sind nicht mit EU-Recht vereinbar
Pressemitteilung
Flensburg, 20.02.2023
Grenzkontrollen sind nicht mit EU-Recht vereinbar
Seit mittlerweile mehr als sieben Jahren finden an der deutsch-dänischen Grenze Kontrollen statt. Im November 2022 hat die dänische Regierung erneut die vorübergehenden Grenzkontrollen um sechs Monate verlängert.
Dass an den europäischen Binnengrenzen keine Personenkontrollen stattfinden, ist eine der größten europäischen Errungenschaften. Das Schengenabkommen regelt ganz klar, dass eine Einschränkung dieses Rechts nur vorübergehend, als letztes Mittel und unter strenger Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit passieren darf.
An vielen Stellen, sowohl auf deutscher als auch auf dänischer Seite, gibt es daher Zweifel an der Kettenverlängerung und Argumentation der dänischen Regierung, genauso aber auch am Verhalten der EU-Kommission, die seit Jahren die Kontrollen immer wieder bewilligt.
Für eine juristische Klärung der Vereinbarkeit kontinuierlicher Kontrollen an der deutsch-dänischen Grenze mit unionsrechtlichen Vorgaben hat der Europaabgeordnete Rasmus Andresen Prof. Dr. Anna Katharina Mangold und Anna Kompatscher von der Europa-Universität Flensburg mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt.
Der Flensburger Europaabgeordnete Rasmus Andresen sagt dazu:
„Das Gutachten spricht eine eindeutige Sprache. Die Grenzkontrollen sind nicht nur wirkungslos, sondern auch rechtswidrig.
Die Argumente der Gutachterinnen sind nachvollziehbar. Die Grenzkontrollen sind unverhältnismäßig. Immer wieder denkt sich die dänische Regierung neue Gründe für eine Verlängerung der Kontrollen aus. Dies steht eindeutig im Widerspruch zu EU-Bestimmungen. Ich fordere die neue dänische Regierung auf, das Gutachten sehr genau durchzulesen und die Grenzkontrollen einzustellen.
Die Grenzkontrollen sind in der Sache wirkungslos und schaden dem grenzüberschreitenden Zusammenleben. Die Hauptverantwortung für die Einhaltung von EU-Gesetzen liegt bei der EU-Kommission. Es kann nicht sein, dass die EU-Kommission die Umsetzung des EU-Rechts ignoriert und Dänemark für die Kontrollen immer wieder grünes Licht gibt.
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen muss sicherstellen, dass die Grenzkontrollen an unserer Grenze nicht immer weiter verlängert werden.“
Anna Katharina Mangold, Professorin für Europarecht an der Europa-Universität Flensburg und Verfasserin des Gutachtens ergänzt:
„Das Gutachten mutmaßt nicht über die Motive der dänischen Regierung, die seit sieben Jahre kontinuierlich, aber mit wechselnden Gründen systematisch und flächendeckend Kontrollen an der deutsch-dänischen Grenze durchführt. Das Gutachten untersucht vielmehr diese Gründe, ob sie die Grenzkontrollen zu rechtfertigen vermögen. Das ist nicht der Fall. Die vorgebrachten Gründe sind nicht hinreichend nachgewiesen, wie es der Europäische Gerichtshof fordert. Deswegen sind die Grenzkontrollen europarechtlich als unverhältnismäßig zu bewerten.
Zugleich legt die dänische Regierung damit die Axt an eine fundamentale Freiheit der Unionsbürger*innen, nämlich frei im Schengen-Raum reisen zu dürfen, ohne Grenzkontrollen. Dass Schlagbäume abgebaut wurden, war ein besonders eindrückliches Symbol des Zusammenwachsens in Europa. Die Kommission darf nicht tatenlos zusehen, wenn europäisches Recht in so deutlicher Weise gebrochen wird, sondern muss ihrer Aufgabe nach den EU-Verträgen gerecht werden: Sie ist die Hüterin der Verträge.“
Das Gutachten finden Sie unter folgendem Link:
https://rasmus-andresen.eu/news/grenzkontrollen-kurzgutachten/