Rede und PE Unser freies Internet ist unter Beschuss
Bei der Netzneutralität geht es um unsere gemeinsamen Spielregeln fürs Internet. Sie ist nicht nice-to-have, sondern die Grundlage für ein freies Internet. Frei von staatlicher Lenkung oder ökonomischen Interessen. Wir haben auf Grüne Initiative hin im Koalitionsvertrag vereinbart, dass wir die Netzneutralität im Internet gesetzgeberisch wirksam schützen wollen. Wir Grüne streiten schon lange in Land und Bund deren gesetzliche Verankerung, auch wenn sich die wechselnden Bundesregierungen dem bisher verweigert haben.
Die Grüne Bundestagsfraktion hat zuletzt im Februar im Bundestag gefordert, dass diskriminierende Überholspuren oder Zero-Rating- Modelle, also die Bevorteilung von bestimmten Datenpaketen bei Mobilfunkanbietern, endlich wirksam verboten werden. Eine erneute Möglichkeit dafür bietet die geplante Überarbeitung der sogenannten BEREC-Leitlinien. In diesen wird festgelegt, zu welchen Kriterien das offene und freie Internet gewährleistet werden soll.
Wir Grüne wollen, dass dort eindeutig diskriminierende Überholspuren und Zero-Rating ausgeschlossen bleiben. Wir wollen, dass die EU-Kommission und die Bundesnetzagentur diese Regeln auch wirksam gegen Telekom, Vodafone und co. durchsetzen.
Dafür muss sich die Große Koalition in Berlin aber weiter bewegen. Während wir im Landtag auch in der letzten Wahlperiode Mehrheiten für die Netzneutralität hatten, passiert in Berlin wenig. Der Koalitionsvertrag der GroKo tut so, als würde sich die Bundesregierung überzeugt für die Netzneutralität einsetzen, aber davon merkt man am Handeln der Bundesregierung nichts. Das Prinzip Netzneutralität wird dort bekräftigt, aber von Taten ist nichts zu Sehen. Deshalb wollen wir aus dem Land heraus tätig werden.
Deswegen fordern wir, dass die Landesregierung im Bund und auf europäischer Ebene sich dafür einsetzt, dass die Netzneutralität endlich wirksam geschützt wird. Denn dass das dringend nötig ist, zeigt uns eine Studie von „Epicenter.works“, die im Februar veröffentlicht wurde.
Die Autor*innen der Studie wollten wissen, ob sich die mobilen Anbieter an die EU-Vereinbarung halten, keine Daten in ihren Angeboten zu privilegieren, beziehungsweise zu diskriminieren. Die Antwort ist: Der Regelvorstoß bei den Mobilfunkanbietern ist der Regelfall.
Und auch wenn Gratis-Musik im Datenpaket kurzfristig erst einmal verlockend für alle Verbraucher*innen ist, zeigt die Studie auch für uns Verbraucher*innen viele Nachteile auf. Durch fehlende Netzneutralität werden einige wenige große Anbieter bevorteilt. Sie können ihre Marktmacht ausnutzen. Ein großer Mobilfunkanbieter kann mit einem großen Streaminganbieter leichter den Markt dominieren. Kleine Anbieter haben dadurch schlechte Chancen, auf den Markt zu kommen. Monopole können sich bilden und Preise dadurch mittelfristig deutlich ansteigen.
Immer mehr Anbieter im Telekommunikations- und Netzbereich kommen nicht mehr aus Europa. Die Huawei-Debatte bei 5G ist dafür ein gutes Beispiel. Je mehr Anbieter aus Diktaturen oder aus Staaten mit ganz anderen Datenschutzbestimmungen bei uns marktrelevant werden, desto abhängiger wird unsere IT-Sicherheit von anderen. Ganz egal ob de facto asiatische Staatsunternehmen oder US-Digitalkonzerne aus dem Silicon Valley: Wir müssen dafür sorgen, dass sie zu unseren Regeln bei uns auf dem Markt spielen. Dafür brauchen wir starke Datenschutz- und IT Sicherheitskriterien, wie aber auch eine glasklar gesetzlich verankerte Netzneutralität.
Unser freies Internet ist unter Beschuss. Schleswig-Holstein verlässt die Zuschauerrolle und mischt sich im Bund aktiv ein. 2019 soll die Überarbeitung der Netzneutralitätsregeln starten, die beste Gelegenheit also, endlich etwas für die Verbraucher*innen und die Wirtschaft nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa zu tun.
Die Mobilfunkanbieter haben sich in Stellung gebracht, die Netzneutralitätsregeln im Zusammenhang mit der Einführung von 5G sogar noch aufzuweichen. Nachdem Trump bereits die Netzneutralitätsregeln der Obama-Administration gekippt hat, müssen wir verhindern, dass Europa nachzieht. Es geht darum, dass das Internet unabhängig von Konzernmacht und staatlicher Lenkung allen zur Verfügung steht.
Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag.