05. September 2018

Rede und PE zur Änderung des Vergaberechts in SH

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Wir werden uns alle Aspekte ganz genau anschauen

Wir Grüne machen uns die Debatte über das Tariftreue- und Vergabegesetz nicht leicht. Der vorliegende Gesetzentwurf ist ein Kompromiss der Jamaika-Koalition. Bei der letzten Landtagswahl hat sich eine Mehrheit der Schleswig-Holsteiner*innen für Parteien entschieden, die das Tariftreue- und Vergabegesetz komplett kassieren wollten.
Vor diesem Hintergrund muss man den Gesetzentwurf bewerten. Dank uns Grünen gibt es überhaupt noch ein Gesetz. Gerade an die Adresse des SSW sei gesagt, dass wir uns sehr gewünscht hätten, gemeinsam mit euch ein vorbildliches Gesetz in Koalitionsverhandlungen zu verhandeln. Dazu wart ihr aber leider nicht bereit und habt euch weggeduckt. Wer anderen das Land überlässt, sollte danach zurückhaltender sein.

Wir haben Verständnis für sachliche Kritik am Gesetzentwurf, sagen aber auch, dass nicht jeder polemische Vorwurf der Realität entspricht. Aus unserer Sicht geht es um drei zentrale Punkte.

Punkt 1: Soziale und ökologische Standards
Richtig ist, dass die konkrete Anwendung von sozialen und ökologischen Standards bei der Auftragsvergabe von Kommunen selbst entschieden werden soll. Dies führt aber nicht zum Kahlschlag, sondern dazu, dass kommunale Mehrheiten dies aktiv ausgestalten können.
Ich weiß, dass viele Grüne in den Kommunalparlamenten sich dafür einsetzen. Wir werden genau beobachten, wer uns dabei unterstützt und wer nicht. Wir Grüne hätten lieber die alte Regelung im Gesetz gelassen. Aber wer jetzt davon spricht, liebe SPD oder lieber Kollege Harms, dass Kinderarbeit und Zwangsarbeit Tor und Tür geöffnet wird, agiert populistisch.

Davon abgesehen gelten EU- und Bundesrecht. Seit dem 1.2.2017 gibt es eine neue Unterschwellenvergabeverordnung des Bundes. Dort steht in §2 Absatz 3: „(3) Bei der Vergabe werden Aspekte der Qualität und der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte nach Maßgabe dieser Verfahrensordnung berücksichtigt.“
Auch darüber hinaus gilt internationales Recht. Es gibt beispielsweise das IAO-Übereinkommen über die Abschaffung von Zwangsarbeit, verbindliche Abkommen gegen Diskriminierung und auch zum Verbot von Kinderarbeit. Ähnliches gilt für Umweltschutzmaßnahmen, wie beispielsweise zur Verwendung von Pestiziden oder organischen Schadstoffen.
Das Problem ist nicht der gesetzliche Rahmen, sondern unzureichende Beratung und Kontrolle. Wer ein ernsthaftes Interesse daran hat, muss sich damit auseinandersetzen. Wir sollten darauf einen Schwerpunkt in der Anhörung legen.

Davon abgesehen ist die Landesregierung bei der eigenen öffentlichen Auftragsvergabe vorbildlich. Unter Monika Heinold sind beispielsweise inzwischen 95 Prozent des Papiers auf Recycling umgestellt worden.

Punkt 2: Der Vergabemindestlohn
Wir Grüne wollen den Vergabemindestlohn, der bundesweit vorbildlich ist, anheben. Wir finden, dass Menschen wie Pförtner*innen oder Reinigungskräfte, die im Auftrag des Landes arbeiten, besser bezahlt werden. Der Vergabemindestlohn gehört deshalb angehoben. CDU und FDP wollen ihn abschaffen. Als Kompromiss bleibt er bei 9,99 Euro. Er bleibt somit über dem Bundesmindestlohn, der ab Januar bei 9,18 Euro sein wird.
Den SSW-Vorschlag, den Vergabemindestlohn an die Tarifentwicklung zu koppeln, teilen wir. Es war ja sogar vor wenigen Monaten unser Vorschlag. Leider gibt es dafür hier im Haus aber keine Mehrheit. Wären wir bloß auf die Idee gekommen, als es dafür hier noch Mehrheiten gab.

Punkt 3: Vergabe im ÖPNV-Bereich
Es ist wichtig, dass es keinen Lohndumping im ÖPNV gibt. Wir Grüne begrüßen, dass bei Betreiberwechseln im ÖPNV Tarifverträge und tarifliche Nebenleistungen für die Beschäftigten weiter gelten. Es gibt gerade beim Tarifrecht auch zu den Vorstößen des SSW zur Personalübernahme sehr unterschiedliche juristische Auffassungen. Auch fragen wir uns, wie wichtig der Punkt angesichts von Personalmangel ist. Wir Grüne sind aber offen dafür, über diesen Punkt zu sprechen.
Wir Grüne stehen zu Vereinbarungen in der Jamaika-Koalition, wollen uns aber alle Aspekte in der parlamentarischen Anhörung genau anschauen. Für Polemik sollte in dieser Debatte kein Platz sein.

Vielen Dank.

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