15. Februar 2023

EZB-Bericht im Plenum: Diese Krise kann man nicht mit den Standardwerkzeugen bekämpfen!

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Pressemitteilung

Straßburg, 15. Februar 2023

 

Die Abgeordneten des Europäischen Parlaments haben heute in Anwesenheit von EZB-Chefin Christine Lagarde den Bericht über die Tätigkeiten der Europäischen Zentralbank debattiert. Das Dokument wird morgen (Donnerstag 16. Februar 2023) verabschiedet. Dazu der Berichterstatter des EZB-Berichts für 2022, Rasmus Andresen:

 

“Der russische Angriff auf die Ukraine, die unterbrochenen Lieferketten und die anhaltende Klimakrise sind Bedrohungen für unsere Wirtschaft und die Preisstabilität. Darauf müssen wir als Europäische Union angemessen reagieren.

 

Die hohe Inflation bereitet dem Europäischen Parlament große Sorgen, und wir sind uns weitestgehend einig, dass die EZB über die Instrumente verfügt, um eine nachfragegetriebene Inflation zu senken.

 

Aber: Die derzeitige Preisexplosion beruht auf anderen Faktoren. Wir sind mit außergewöhnlichen Angebotsschocks auf den Energiemärkten konfrontiert, die der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen geschuldet sind. In dieser Hinsicht sind die geldpolitischen Werkzeuge der EZB nur sehr begrenzt hilfreich.

 

Ich freue mich sehr, dass wir eine breite Mehrheit im Europäischen Parlament dafür gewinnen konnten, die zu mehr Vorsicht bei den aktuellen aggressiven Zinserhöhungen mahnt. Unser Bericht übt deutliche Kritik an negativen Auswirkungen der hohen Zinsen auf Wirtschaft und Beschäftigung und an den Widersprüchen in der Kommunikation der EZB.

Unser Bericht fordert die EZB zum ersten Mal auf, die Rolle der Unternehmensgewinne für die Inflation systematisch zu beleuchten und sich nicht nur auf die Löhne zu konzentrieren. Angesichts des Missbrauchs von Wettbewerb und Marktmacht sind die Gewinne zu einem echten Inflationstreiber geworden.

Auch neu ist die Aufnahme eines ganzen Abschnitts über die Sekundärziele der EZB. Es ist von zentraler Bedeutung, dass das Europaparlament als demokratische Kontrollinstanz der EZB zu diesen Fragen nicht schweigt. Wir konnten dies gegen den Widerstand von Fraktionen durchsetzen, die behaupten, die EZB solle ausschließlich und ohne Rücksicht auf Konsequenzen die Inflation bekämpfen. Der Bericht fordert nun, dass sich die EZB auch der Förderung der Beschäftigung, der allgemeinen wirtschaftlichen Ziele der Union, einschließlich der Erfüllung des Pariser Klimaabkommens und der Verringerung der sozialen Ungleichheit verpflichtet. Die EZB wird außerdem aufgefordert, in ihrem Jahresbericht systematisch darüber zu berichten, wie sie diese Ziele umgesetzt hat.

Der Bericht enthält auch einen eigenen Abschnitt zum Thema Klima. Ein zentrales Element der Verhandlungen im Parlament war die Frage, wie wir dringend notwendige grüne Investitionen in Zeiten von strafferer Geldpolitik schützen können. Der Klimawandel ist eine direkte Bedrohung für die Preisstabilität.

Unser Vorschlag zu differenzierten Zinsraten für grüne Investitionen in diesem Kontext ist leider an der konservativen Blockadehaltung gescheitert. Die japanische Zentralbank setzt dieses Instrument bereits ein und auch in Europa wird diese Debatte stetig weiter an Fahrt aufnehmen. Diesmal ist unser Vorschlag knapp gescheitert. Wir sind optimistisch, dass wir in einigen Monaten dafür eine Mehrheit im Parlament erzielen können.“

 

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