02. März 2021

Merkels offener Brief an die EU Kommission: Jetzt muss die Bundesregierung Worten Taten folgen lassen

DigitalesPressemitteilung

Der Aufruf der deutschen Bundeskanzlerin und drei ihrer europäischen Amtskolleginnen an die EU-Kommission, die Digitalisierung in der EU schnellstmöglich voranzutreiben, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Denn gerade Deutschland liegt beim Ausbau der digitalen Infrastruktur zurück und setzt zum Beispiel auf chinesische Technologien beim Ausbau des 5G Netzes.

Rasmus Andresen, Schattenberichterstatter der Grünen für den Digital Markets Act und der Cybersecurity Richtlinie NIS 2 im Industrieausschuss des Europäischen Parlaments kommentiert:

“Deutschland liegt seit Jahren im digitalpolitischen Dornröschenschlaf. Mit dem Aufruf der Kanzlerin zusammen mit bei der Digitalisierung führenden EU Mitgliedsstaaten hat sich die Bundesregierung dazu verpflichtet die Bundesrepublik in dem Bereich stärker aufzustellen.

Merkels digitalpolitische Bilanz ist eine Katastrophe. Die Bundesrepublik befindet sich in der EU am unteren Tabellenende wenn es um digitale Infrastruktur geht. 

Wir hoffen, dass der Aufruf der vier Regierungschefinnen eine Trendwende darstellt und sich die Bundesregierung nun aktiv für die technologische Aufholjagd einsetzt. Wir brauchen Innovation und europäische Angebote, die den amerikanischen und chinesischen die Stirn bieten können. 

Um europäischen Unternehmen, die Möglichkeit zu geben, die Digitalisierung in der EU wirklich nach vorne zu bringen, brauchen wir faire Wettbewerbsbedingungen. Dazu muss die Marktmacht der vor allem US-amerikanischen Tech-Giganten eingeschränkt werden. Die Bundesregierung muss sich in Brüssel dafür einsetzen, dass die EU ausreichend Kompetenzen und Ressourcen bekommt um digitale Oligopole zu verhindern und große Digitalkonzerne aufzuspalten. 

Wir fordern dazu Interoperabilität auf verschiedenen Ebenen. Technologien müssen miteinander kombinierbar sein. Es kann nicht sein, dass zum Beispiel Apple, nur sein eigenes Bezahlsystem auf Iphones zulässt, oder man beispielsweise keine Nachrichten von WhatsApp zu Telegram schicken kann, obwohl wir seit Jahren Emails von Hotmail- zu Gmail Accounts schicken. 

Der Digital Markets Act bietet dazu die Gelegenheit und muss diesbezüglich angepasst werden. 

Wir müssen Verbraucher*innenrechte und europäische Innovationen stärken.  Dazu sollten die Mittel aus dem Europäischen Wiederaufbau in allen Staaten als Anschubfinanzierung für digitale Innovationen und Infrastruktur verwendet werden.

Die EU muss darüber hinaus strukturell mehr Investitionen in digitale Innovationen mobilisieren. Ein EU Budget in dem sich die Mitgliedsstaaten auch mit der Unterstützung der Bundeskanzlerin weiterhin überwiegend auf alte Agrarzahlungen konzentrieren wird dem langfristig nicht gerecht. 

Statt Innovation im eigenen Land oder in der EU voranzutreiben, zeigt sich die Bundesregierung offen für ausländische Investoren, was die Gefahr von großen Abhängigkeiten birgt. Merkel weigert sich zum Beispiel beharrlich, eine Zusammenarbeit mit dem chinesischen Netzausrüster Huawei auszuschließen.  Europäische Souveränität bedeutet, sich nicht vom chinesischen Staats-Kapitalismus oder von US Konzernen abhängig zu machen.”