Grenzkontrollen: Die Untätigkeit der EU-Kommission ist gefährlich

3. September 2020

Die EU-Kommission hat ihre Antwort auf die Anfrage des Europaabgeordneten Rasmus Andresen zur Rechtmäßigkeit der dänischen Grenzkontrollen veröffentlicht. Die EU-Kommission gibt in der Antwort an, die Lage zu überwachen und Gespräche zu führen. Dazu sagt der schleswig-holsteinische Europaabgeordnete Rasmus Andresen:

„Die Untätigkeit der EU-Kommission ist gefährlich und inakzeptabel. Die dänische Regierung setzt sich mit den andauernden Grenzkontrollen seit Jahren über geltendes europäisches Recht hinweg und hat keine Lockerungen der Kontrollen in Aussicht gestellt. Es wäre die Aufgabe der EU-Kommission, diesem Vorgehen kritisch zu begegnen und dafür zu sorgen, dass das Schengen-Abkommen an unseren Binnengrenzen gilt. Die Gleichgültigkeit gegenüber dem dänischen Handeln kann dazu führen, dass unsere Grenze noch viele Jahre durch Kontrollen, Staus und symbolische Abschottung geprägt sein wird. Die EU-Kommission sorgt nicht dafür, dass das Schengen-Abkommen eingehalten wird und trägt fahrlässig dazu bei, dass es perspektivisch keine Rolle mehr spielen könnte. Sie sollte gegenüber der dänischen Regierung endlich handeln.“

Anfrage:

Anfrage zur schriftlichen Beantwortung E-003511/2020

an die Kommission

Artikel 138 der Geschäftsordnung

Rasmus Andresen (Verts/ALE), Erik Marquardt (Verts/ALE), Anna Cavazzini (Verts/ALE)

Betrifft:        Grenzöffnungsmaßnahmen der dänischen Regierung

Am 29. Mai 2020 kündigte die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen an, die dänischen Grenzen für deutsche, norwegische und isländische Staatsangehörige, die mindestens 6 Übernachtungen gebucht haben (außerhalb der Stadt Kopenhagen) zu öffnen.

Der dänische Justizminister Nick Hækkerup kündigte in der Zwischenzeit an, die Grenze für im Bundesland Schleswig-Holstein wohnhafte Personen grundsätzlich zu öffnen.

Ylva Johansson, für Inneres zuständiges Mitglied der Kommission, erklärte dagegen im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres des Europäischen Parlaments, bei der Aufhebung der Grenzkontrollen dürfe keine Diskriminierung aufkommen, und die Grenzen dürften nicht selektiv nur für Staatsangehörige einiger weniger Staaten geöffnet werden.

1.    Ist es aus Sicht der Kommission mit den Bestimmungen des Schengener Grenzkodexes vereinbar, die Grenze nur für in Schleswig-Holstein wohnhafte Personen grundsätzlich zu öffnen, wo doch die epidemiologische Lage auch in anderen Landesteilen Deutschlands und in anderen Schengen-Staaten mittlerweile auf vergleichbare Weise unter Kontrolle ist?

2.    Ist es unionsrechtlich möglich, die Einreisebestimmungen an einen bestimmten Aufenthaltsgrund (beispielsweise Urlaub) und einen mindestens 6-tägigen Aufenthalt zu knüpfen?

3.    Welche Maßnahmen ergreift die Kommission, um Dänemark zur Einhaltung des Schengener Grenzkodexes anzuhalten und zu verhindern, dass Staatsangehörige anderer Schengen-Staaten als Deutschland, Island und Norwegen diskriminiert werden, weil ihnen die Einreise nach Dänemark weiterhin verwehrt wird?

Antwort der EU-Kommission

DE

E-003511/2020

Antwort von Herrn Reynders

im Namen der Europäischen Kommission

(1.9.2020)

Angesichts der COVID-19-Pandemie haben zahlreiche Mitgliedstaaten Kontrollen an den Binnengrenzen und Beschränkungen der Freizügigkeit eingeführt.

Die Kommission arbeitet eng mit den Mitgliedstaaten zusammen, um eine schrittweise Rückkehr zur Freizügigkeit innerhalb der EU und des Schengen-Raums zu gewährleisten.

Am 13. Mai 2020 hat die Kommission einen Vorschlag für ein abgestuftes und koordiniertes Vorgehen bei der Wiederherstellung der Freizügigkeit und bei der Aufhebung der Kontrollen an den Binnengrenzen vorgelegt, nach dem als erster Schritt die Beschränkungen zwischen Mitgliedstaaten mit hinreichend ähnlicher epidemiologischer Lage aufgehoben werden sollen[1]. Gelingt es den Mitgliedstaaten, die Verbreitung des Virus einzudämmen, sollten Reisebeschränkungen durch gezieltere Maßnahmen ersetzt werden. Die Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und des Diskriminierungsverbots sind von besonderer Bedeutung.

Einige Mitgliedstaaten, so auch Dänemark, wenden weiterhin bestimmte Beschränkungen der Freizügigkeit an. Dänemark prüft diese Beschränkungen wöchentlich unter Berücksichtigung der epidemiologischen Lage in dem betreffenden Land. Außerdem hat Dänemark hat bestimmte Kontrollen an den Binnengrenzen wieder eingeführt.

Bei der Aufhebung der Beschränkungen muss flexibel vorgegangen werden. Es muss möglich sein, bestimmte Maßnahmen wieder einzuführen, wenn die epidemiologische Lage es erforderlich macht[2]. Beschränkungen der Freizügigkeit sollten nur verhängt werden, wenn dies aufgrund von Risiken für die Gesundheit der Bevölkerung unbedingt notwendig ist. Dabei sollte koordiniert vorgegangen und darauf geachtet werden, dass die Beschränkungen verhältnismäßig und diskriminierungsfrei sind.

Die Kommission überwacht die Lage weiterhin aufmerksam. Falls erforderlich setzt sie sich mit den betreffenden Mitgliedstaaten in Verbindung, um weitere Informationen zu erhalten.


[1] C(2020) 3250 final vom 13.5.2020: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX:52020DC0399

[2] C(2020) 3250 final vom 13.5.2020.