PE „Schleswig-Holstein im Europäischen Parlament – Unsere ersten Monate in Brüssel"

8. November 2019

Rasmus Andresen, Bündnis 90/Die Grünen

1. „Wie waren die ersten 130 Tage im Europaparlament“?

Spannend, intensiv und lehrreich. Ich freue mich sehr, dass ich am Anfang von meiner Fraktion als Koordinator/ Sprecher für den Haushaltsausschuss gewählt wurde. Während in vielen Ausschüssen die konkrete Arbeit erst mit Start der neuen Kommission los geht, ist dies im Haushaltsausschuss anders. Wir sind mitten in Verhandlungen für den Haushalt 2020. Dort konnten wir erste Erfolge erzielen. Das Parlament fordert 2 Milliarden Euro mehr für Klimaschutz, 500 Millionen Euro für den Kampf gegen Jugendarbeitslosigkeit und erstmals wollen wir als Europaparlament Geld für ein eigenes Seenotrettungsprogramm im Mittelmeer bereitstellen. Einen grüneren Haushalt hat das Europaparlament nie beschlossen. Jetzt verhandeln wir unsere Position gegen die Mitgliedsstaaten. Wenn wir durchsetzen können gerade von den Fördermitteln für Klima- und Umweltschutz kann Schleswig-Holstein massiv profitieren.

In meinem zweiten Themengebiet, der Digitalisierung, hat mich meine Fraktion als Berichterstatter für das EU Cyber Security Zentrum nominiert. Als Berichterstatter werde ich die Position des Europäischen Parlaments zu Cyber Security federführend gegenüber den Mitgliedsstaaten verhandelt.

Als Wahlkreisabgeordneter habe ich erste Initiativen beispielsweise durch Anfragen an die Kommission zum Stopp des Wildschweinzauns zusammen mit meiner dänischen Kollegin Margrete Auken gestartet.

Durch die Mitarbeit an Parlamentsresolutionen oder in interfraktionellen Arbeitsgruppen habe ich Minderheitenrechte mehrfach auf die Agenda des Europäischen Parlaments gesetzt. Es ist enttäuschend, dass in der neuen EU Kommission aller Voraussicht nach kein*e Kommissar*in für die Rechte von Minderheiten zuständig sein wird. Im Parlament sind wir fraktionsübergreifend viele, die weiterhin konsequent für die Rechte von Minderheiten einstehen.

2. „Welche Pläne habe ich für die kommenden Monate im Europaparlament?“

Mit dem Finanzrahmen wird die Zukunft der EU verhandelt. Als Grüner Vertreter und einziges deutsches Mitglied im Verhandlungsteam des europäischen Parlaments zum mehrjährigen Finanzrahmen kommen komplizierte Verhandlungen auf mich zu. Die Positionen innerhalb der Mitgliedsstaaten, vom Parlament und der Kommission liegen sehr weit auseinander: Wie groß soll das mehrjährige Budget sein? Soll die EU eigene Steuern wie eine Klimasteuer oder Digitalsteuer erheben dürfen? Wie sollen die 1 1135 Milliarden Euro für sieben Jahre verteilt werden? Ich setze mich für ein starkes EU Budget mit ausreichend Finanzmittel für Zukunftsinvestitionen ein. Wir wollen den Anteil der Ausgaben für Klima (von knapp 20% auf 50%) und für Forschung (von 2% auf mindestens 3% anheben.

Wenn wir die EU bis 2040 klimaneutral machen wollen, brauchen wir einen Green New Deal mit einem starken Klimagesetz und massiven Investitionen. Ich arbeite an einem Investitionsplan für die EU. Auch Schleswig-Holstein kann von einem starken Finanzrahmen und einem Green New Deal profitieren.

In der aktuell laufenden Förderperiode des Finanzrahmens gehen über 600 Mio. Euro nach Schleswig-Holstein. Je größer das EU Budget wird, desto mehr Möglichkeiten haben wir auch für Schleswig-Holstein. Die Bundesregierung schadet deshalb mit ihrer Blockadehaltung für ein kleineres EU Budget auch Schleswig-Holstein. Zukunftsinvestitionen in Klimaschutz können unserer schleswig-holsteinischen Wirtschaft einen extra Schub geben. Sowohl bei Wasserstoff, Windkraft sowie in der Klima- und Energieforschung können wir mit EU-Geld unseren Wirtschaftsstandort ausbauen.

Delara Burkhardt, SPD

1. „Wie waren die ersten 130 Tage im Europaparlament“?

Die wahrscheinlich aufregendsten 130 Tage, die ich je hatte. Erstmals – zumindest für eine Zeit – hauptamtlich Politik zu machen. Besonders freue ich mich zwei„Hot Topics“ bearbeiten zu dürfen: Als ordentliches Mitglied im Umweltausschuss (ENVI) arbeite ich zu den Themen internationale Klimaschutzpolitik, Kreislaufwirtschaft, Artenvielfalt sowie dem Schutz der internationalen und europäischen Wälder. Im Innenausschuss (LIBE) bearbeite ich als stellvertretendes Mitglied außerdem noch das Thema Migration. Bereits zwei Reden durfte ich im Plenum des Parlamentes halten: zu den Bränden im Amazonas und deren Auswirkungen für unsere EU-Handelspolitik und zum Klimanotstand. Es mein Herzensanliegen die oft ignorierten Interessen von den millionen Jugendlichen, die jeden Freitag auf die Straße gehen, ins Europäische Parlament zu tragen. Daher diskutiere ich mit Schüler*innen aus SH und des gesamten Ostseeraums, habe mein Jugendbeteiligungsformat „Junger Rat“ gestartet und stehe im intensiven Austausch mit Jugendlichen sowie Verbänden zur Umweltbildung. Wir müssen ab sofort klimaneutral handeln, da wir als Land zwischen den Meeren direkt vom Klimawandel betroffen sind!

2. „Welche Pläne habe ich für die kommenden Monate im Europaparlament?“

In Schleswig-Holstein sollen Mensch und Natur gesund sein! Damit kommunale Abfallwirtschaften eine reele Chance haben ihre Recyclingquoten zu erhöhen, werden wir klare, europaweite Regelungen erarbeiten. Auf der Kunming-Konferenz werden wir dafür kämpfen, dass eine Art “Paris-Moment” für die Artenvielfalt beschlossen wird. Und wir werden dafür sorgen, dass durch Investitionen, ausgelöst durch den Green New Deal, wirtschaftliche Chancen – klimafreundlich und sozialverträglich – für Bürgerinnen und Bürger in Norddeutschland entstehen. Mit Kiel, Lübeck, Sylt und Flensburg waren vier Schleswig-Holsteinische Städte und Gemeinden einige der ersten, die ein Sicherer Hafen geworden und sich so für eine freiwillige Rettung von Geflüchteten eingesetzt haben. Wir werden den Einsatz für eine menschliche Gesellschaft durch einen europäischen Fond finanziell unterstützen und im Innenausschuss für ein Europäisches Seenotrettungsprogramm einsetzen.

Niclas Herbst, CDU

1. „Wie waren die ersten 130 Tage im Europaparlament“?

Meine ersten 130 Tage im EP waren geprägt von einer intensiven Einarbeitung in meine beiden Hauptausschüsse. Den Haushalts- und den Fischereiausschuss.

Im Haushaltsauschuss wurde ich direkt zum stellvertretenden Vorsitzenden und ständigen Berichterstatter für alle EU Agenturen gewählt. Gerade als Berichterstatter der EU Agenturen war ich mit praktisch allen drängenden EU Aufgaben befasst: der EU Sicherheitspolitik durch Europol, der Forschungspolitik, durch die Satellitenagentur GSA und den Migrationsherausforderungen durch unsere Grenzagentur FRONTEX. Hinzu kam mein Einsatz für einen umfassenden Mittelerhalt bei der Struktur- und Förderpolitik, die beispielsweise direkte Auswirkung auf den Erhalt unserer AktivRegionen in Schleswig-Holstein hat.

Direkt nach der Wahl wurden unsere schleswig-holsteinischen Fischer in eine dramatische Situation geworfen. Die Kommission verabschiedete einen Notfallplan beim Dorsch und Hering in der Ostsee. Etwas später kamen noch Fangbeschränkungen für Freizeitangler beim Dorsch (Baglimit) und harte Quoten für die Berufsfischer hinzu. Als einziges deutsches Vollmitglied vertrat ich in diesem schwierigen Umfeld konsequent norddeutsche Interesse und setzte mich für die Fischerei und unsere Tourismusregion Ostsee ein.

2. „Welche Pläne habe ich für die kommenden Monate im Europaparlament?“

Bei meiner Arbeit im Haushaltsausschuss werde ich mich weiter dafür einsetzen, dass unsere Programme mit echtem europäischen Mehrwert (Frontex, Erasmus, Forschung, Verteidigung, Entwicklungspolitik) auch die Mittelzuweisungen bekommen, die sie verdienen. Beim nächsten Mehrjahresfinanzrahmen und beim Jahreshaushalt für 2020 stehen uns in den kommenden Wochen harte Verhandlungen mit dem Ministerrat ins Haus. Ich werde nur für einen Haushalt stimmen, der unsere Bürger/innen schützt und nützt.

Bei meiner Arbeit im Fischereiausschuss werde ich weiter dafür kämpfen, dass Fischerei an unseren schleswig-holsteinischen Ostseehäfen weiter möglich bleibt. Unsere Häfen ohne Fischkutter, das kann und will ich mir nicht vorstellen!

Fürs kommende Jahr habe ich die Vertreter unserer schleswig-holsteinischen AktivRegionen ins Parlament eingeladen. Sie sollen auf verschiedenen Veranstaltungen und Treffen für die gute Arbeit der AktivRegionen werben und sie auf der EU-Ebene sichtbar machen.