EU-Frühjahrsprognose: Wir sind nicht über den Berg; Fiskalregeln ändern!

12. Mai 2021

Die EU-Kommission hat heute ihre Frühjahrsprognose für Europas Wirtschaft vorgestellt. Die Zeichen stehen auf Erholung. Impfungen und stabilisierende, öffentliche Maßnahmen entfalten eine positive Wirkung.

Die Wachstumsprognosen werden von der EU Kommission mit 4,2% für 2021 und 4,4% für 2022 nach oben korrigiert. Die Inflationsprognose nähert sich mit 1,9% in 2021 dem Inflationsziel der EZB von 2% an. Die Arbeitslosigkeit sinkt langsam auf 7,6% in 2021. 

Dies geschieht vor dem Hintergrund wichtiger Debatten zur künftigen europäischen Fiskalpolitik. Die kommenden Monate werden entscheidend für die Ausgestaltung des zur Zeit ausgesetzten Fiskalpakts und für die zukünftige Aufstellung öffentlicher Haushalte, die durch die Pandemie stark herausgefordert wurden.

Rasmus Andresen, haushaltspolitischer Sprecher der Grünen/EFA im Europäischen Parlament kommentiert:

„Die Konjunkturprognose gibt Anlass zur Hoffnung. Wir sind allerdings nicht über den Berg. Rückschritte beispielsweise in Bezug auf die Impfungen und durch Mutanten können uns zu jeder Zeit zurückwerfen.

Die oberflächlich positiven Zahlen täuschen darüber hinweg, dass sich das Wachstum sehr ungleich verteilt. Gerade die südeuropäischen Staaten werden länger brauchen sich von der Covid-Krise ökonomisch zu erholen. Gerade in Staaten wie Griechenland und Spanien bleiben viele Menschen arbeitslos. 

Der Aufschwung kommt nicht bei den Menschen an. Die Arbeitslosigkeit bleibt in vielen Mitgliedsstaaten hoch. Vor allem der Tourismus, der Dienstleistungssektor und viele Selbstständige bleiben hart getroffen. Viele Menschen, vor allem die junge Generation und Frauen verharren in der Arbeitslosigkeit.

Der ökonomische Aufschwung muss aber bei allen ankommen. Wir brauchen politische Maßnahmen auf europäischer und nationaler Ebene, die sicherstellen, dass besonders hart getroffene Bereiche eine Perspektive bekommen. Das wichtigste Ziel öffentlicher Haushalts- und Fiskalpolitik muss sein, sozialer Ungleichheit entgegenzuwirken und in die Zukunft zu investieren.

Wenn Stützungsmaßnahmen für Unternehmen zu früh aufgehoben werden, droht ein Anstieg der Arbeitslosigkeit. Eine drohende Insolvenzwelle muss unbedingt verhindert werden. Das größte Risiko für unsere Wirtschaft ist es, zu früh zu der vor-Corona-Politik zurückzukehren. Wir brauchen eine öffentliche Fiskalpolitik, die Investitionen schafft und Menschen nach Corona eine sichere Perspektive gibt.

Eine Rückkehr zu den bisherigen Europäischen Fiskalregeln sollte es deswegen nicht geben. Viele Ökonom*innen sprechen sich inzwischen dafür aus, diese realitätsfernen Defizitregeln über Bord zu werfen und länderspezifische Fiskalregeln aufzustellen. 

Wir Grüne unterstützen eine investitionsfreundliche Fiskalpolitik. Instrumente wie der Wiederaufbaufonds sollten in den EU Haushalt integriert werden und permanent zur Verfügung stehen.”